Direkt zum Inhalt
25.07.2018

Schaffen Sie Ihr Call-Center ab!

Wenn ein Unternehmen wirklich nicht wissen möchte, was seine Kunden denken, dann ist ein externes Call-Center eine prima Lösung, um sich abzuschirmen.…

Wenn ein Unternehmen wirklich nicht wissen möchte, was seine Kunden denken, dann ist ein externes Call-Center eine prima Lösung, um sich abzuschirmen. Ein solches Call-Center kann in Berlin oder Indien sein, das ist egal. Es muss nicht mal von einem externen Anbieter sein, man kann auch super eine eigene Abteilung zu einem Call-Center erklären und möglichst in eine entfernte Ecke des Firmengeländes packen, von wo aus man kein Feedback mehr hören kann. Sehr gerne schaltet man noch ein Anruf-Management vor: "Drücken Sie die Eins für eine Beschwerde, die Zwei für eine Bestellung" und so weiter. Achja: "Bitte tippen Sie Ihre 18-stellige Kundennummer ein, gefolgt von einer Raute." Diese Frage kommt jedes Mal, obwohl mich spätestens nach dem ersten Anruf der Telefon-Computer ja dank meiner Rufnummer identifizieren kann. Nach der Auswahl, ob man sein Gespräch in Deutsch, Englisch oder Indisch führen möchte, folgt noch: "Voraussichtliche Wartezeit: 18 Minuten". Statt einer Musikeinspielung empfiehlt es sich nun, dem Kunden während der Wartezeit 18 Minuten lang Werbung ins Ohr zu drücken. Die Erwartungshaltung wäre ja hoch, wenn man nicht wüsste, dass an der anderen Leitung jemand abnehmen wird, der sich null mit der Firma indentifiziert, mit deren Namen er sich gleich melden wird (in den meisten Fällen ist er dort ja auch nicht mal angestellt). Kommt es zu einem Gespräch, dann ist der Mitarbeiter dazu geschult, mich zu beruhigen, mein Problem in eine Statistik einzutragen und er kann eventuell auch drei bis vier Standard-Fragen lösen. Reicht mir das nicht, bin ich verloren. Also: Wer Kundenkontakt hat (bei Jarltech ist das zum Beispiel fast jeder, denn Kunden beißen nicht), gehört in die Mitte des Unternehmens, muss mit allen anderen Mitarbeitern kommunizieren dürfen, Lösungsvorschläge im Unternehmen einbringen dürfen und Lösungen mit Nachdruck einfordern können. Sein Gehalt bekommt er nämlich nicht vom Chef, sondern vom Kunden. Die Chance, einen Kunden durch ein Call-Center glücklicher zu machen, ist doch wohl viel geringer, als wenn sich die Firma selbst drum kümmert. Und wenn Feedback nur noch als Statistik in der Firma ankommt, wieviel bekommt davon die Produktentwicklung mit? Bitte machen Sie Ihr Call-Center zum Teil Ihrer Firma. Kundenkontakt ist das wichtigste, was eine Firma hat. Wie kann man nur auf die Idee kommen, so etwas auszulagern?

22.07.2018

Bandansagen und Erreichbarkeit

Als ich meine Firma mit 16 oder 17 gegründet habe, da hatte ich noch Bandansagen, genauer gesagt: einen Anrufbeantworter (für die Millenials: das war damals so was…

Als ich meine Firma mit 16 oder 17 gegründet habe, da hatte ich noch Bandansagen, genauer gesagt: einen Anrufbeantworter (für die Millenials: das war damals so was wie eine Mailbox). Ich war nämlich alleine im Büro, wenn überhaupt (gelegentlich muss man ja auch am Schulunterricht teilnehmen). Wenn ich also keinen Vertreter gefunden hatte, der gerade eine Freistunde hatte, oder ich im Bus zum Kunden saß und das blöde C-Netz-Gerät im Taunus wieder keinen Empfang hatte – obwohl es teurer war als der blöde Bus –, dann musste halt eine Bandansage herhalten. Ich wollte keinen Kunden verpassen. Wenigstens waren die Texte individuell und jeden Tag anders, damit der Anrufer sich ernst gemeint fühlt und wenigstens eine Nachricht hinterlässt. Nebenbei: War ich zu erreichen, dann war es mir peinlich, dass jeder hört, dass ich ganz alleine im Büro sitze. Also hatte ich immer eine Kassette (für die Millenials: das war das MP3 der 90er) laufen, mit Schreibmaschinen-Geräuschen, Telex-Gepiepse und Telefonklingeln. Dann klang das wenigstens nach einer professionellen Firma :) Heute allerdings hasse ich Bandansagen. Warum kann eine Firma nicht sicherstellen, dass jemand abhebt, wenn ich etwas von der Firma möchte? Kann ich als Anrufer nicht erwarten, dass eine Firma ihr Personal zu den Zeiten einsetzt, zu denen Kunden anrufen? Vielleicht ärgert mich das auch nur so, weil Jarltech in dieser Hinsicht regelrecht paranoid ist: Wenn wir der Auffassung sind, zu bestimmten Zeit möchten Kunden uns sprechen, dann sind wir eben da. Lokaler Feiertag in Hessen? Dritter Oktober in Deutschland? Das interessiert niemanden in Spanien oder in England. Schulungen finden bei uns entweder von 7-9 Uhr, von 17-19 Uhr, Samstags oder eben aufgeteilt in Gruppen statt. Es sollte immer jemand da sein, der in der richtigen Sprache und der richtigen Abteilung persönlich ein Telefonat annimmt. Als Chef lassen Sie sich bitte auch nicht beirren: "Freitags nachmittags ruft ja niemand an, da haben alle frei". Ja, da ruft nur keiner an, weil die Leute sich daran gewöhnt haben, dass Ihre Firma schon schläft. Die wissen, dass sie Freitags bei der Konkurrenz kaufen müssen. Unsere Umsätze sind Freitags genau wie an anderen Tagen. Um 13 Uhr den Anrufbeantworter einzuschalten, ist einfach nur frech, wenn der Kunde doch Bedarf an uns hat. Und selbst wenn es weniger Anrufer sind, es sind immer noch Leute da, die mit uns reden möchten. Ich wundere mich immer über Firmen mit Millionen-Marketing-Ausgaben, und dann geht da keiner ans Telefon. Auch mittags gehen bei Jarltech keine kompletten Abteilungen zusammen zum Essen. Das ist nicht kundenfreundlich, und außerdem ist es ja noch nicht schlimm, wenn man Leute sieht, die einem nicht ohnehin schon den ganzen Tag gegenüber sitzen. Na klar ist es schön, Freitags mittags schon im Freibad zu liegen oder von sechs bis 13 Uhr zu arbeiten, damit man den ganzen Nachmittag frei hat. Das ist prima, wenn man seinen Ruhm darauf aufbauen möchte, dass man nie erreichbar ist. Wenn der Kunde aber doch mein Gehalt bezahlt, könnte der so ein Verhalten vielleicht als arrogant betrachten und ganz einfach dort kaufen, wo man sich nach ihm richtet.